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INFORMATIONEN ZU HOMOEOPATHY UND NATURHEILKUNDE
und
naturheilkundlich unterstützender Krebstherapie

von Dr. med. Johann Josef Kleber

 

 

MELATONIN
von JJ Kleber Mai 2011

Beschaffenheit: Es handelt sich um ein menschliches Hormon, das im Körper in der Zirbeldrüse und im Darm synthetisiert wird aus der Aminosäure Tryptophan zu Serotonin und dann zu Melatonin (5-Methoxy-N-Acetyltryptamin); seine Sekretion wird durch Dunkelheit gesteigert und durch Tageslicht gebremst; es stimuliert Melatonin-Rezeptoren im Hypothalamus, die den zirkadianen Rhythmus  festlegen und die Schlafphase einleiten [2,3].

DOSIERUNG: Bei Schlafstörungen wurden gegeben (0,1-0,6)-5-(6) mg (0,1-0,5 mg/d waren in einigen Studien ähnlich wirksam, wie 5 mg/d); beste Einnahmezeit ist etwa 1-2 Stunde  vor gewünschter Schlafzeit (aber vor 21-22 Uhr zur Normalisierung des zirkadianen Rhythmus). Zur Schlafregulierung wurden kurzzeitig bis zu 40 mg / Tag gegeben, als zusätzliche Therapie gegen Krebs für Monate Dosen von (1)-20-(40) mg/ Tag. Ab 100 mg / Tag wurden leichte Nebenwirkungen beobachtet [2].

INDIKATIONEN  und  WIRKUNG: Besserung des gestörten Schlaf- Wachrhythmus für Spätschlafer mit „verzögertem Schlafphasensyndrom“  ist in Studien gesichert (Evidenz-Level A); gute Wirkung konnten Studien zeigen bei Altersschlaflosigkeit, Schlafstörungen ansonsten Gesunder und bei Schlafstörung von verhaltens- oder entwicklungsgestörten Kindern, wie in geringerem Maße bei Jet-Lag  (Evidenz-Level B); bei Durchschlafstörungen zeigten sich Retardpräparate wirksamer, zur Schlafinduktion nicht retardierte Präparate; niedrige Dosen von 1 mg oder sogar 0,3-05 mg waren gleich oder nur gering weniger wirksam, als 5 mg/d. [2]
Auch eine Besserung von funktionellen Magen-Darmbeschwerden inklusive Refluxösophagitis war in Studien deutlich (Evidenz-Level B) [2]
Andere positive Wirkungen sind nach der Studienlage möglich, aber nicht bewiesen (Evidenz-Level C) wie: antientzündliche, alterspräventive, anxiolytische  Wirkung; positive Wirkung auf Gedächtnis, Makuladegeneration; bei den Studien zur antikanzerogenen Wirkung von Melatonin war die Wirkung positiv, es wurden aber auch antioxidative Vitamine angewandt und andere Krebstherapien (Bestrahlung, Interferon, Chemotherapie), so dass die Wirkung von Melatonin schlecht zu beurteilen ist [2].
Als antikanzerogene Eigenschaften zeigt Melatonin  eine Modulation der Östrogen-Rezeptor-Expression, Unterdrückung des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors, Angiogenesehemmung, Steigerung der Sekretion etlicher Zytokine und dadurch Steigerung der Tumorabwehr, Verminderung der Immunsupression bei Chemotherapie und Stress und Besserung von Tumorkachexie [2]. Auch Frau Dr. Hübner [1] gesteht Melatonin zu, dass es im Laborversuchen das Zellwachstum hemmt, die Zelldifferenzierung und Apoptose induziert, die Metastasierung vermindert, Tumorzellen  durch Behinderung der Linolensäureaufnahme und durch Tyrosinkinase-Hemmung schädigt; sie bestätigt eine Wachstumshemmung von hormonrezeptor-positiven Prostata- und Mamma-Karziniom-Zellen durch Melatonin und berichtet von Studien bei Bronchial-, Colon-, Leber-, Mamma- Karzinnom, Melanom, Hirnmetastasen und anderen soliden Tumoren, bei denen die Melatonin-Gabe einen positiven Einfluss hatte. Selbst in Kombination mit Chemotherapie hatte Melatonin in den Studien einen unterstützenden Effekt und reduzierte teilweise die Nebenwirkungen [1]. Auch wenn diese Erfolge wegen der oben genannten Multitherapie nicht sicher dem Melatonin zuzurechnen sind, ist die generelle Ablehnung von Melatonin in der Krebstherapie durch Frau Dr. Hübner nach meiner Meinung nicht zu rechtfertigen.

NEBENWIRKUNGEN: In der größten Toxikologischen Datenbank Poisindex sind bei Dosen von 3-80 mg/d bei Kindern und bis zu 1000 mg/d bei Erwachsenen keine oder nur geringe Nebenwirkungssymptome berichtet [4]; Hübner berichtet über Depression bei 1,2g [1]; als Nebenwirkung hoher Dosen und bei Gabe unter Tags wurden vor allem Müdigkeit beobachtet (kein Führen von Kraftfahrzeugen bis 5 Std. nach Einnahme [1]) , selten Schwindel und Kopfschmerzen, Übelkeit, Blutdrucksenkung, erhöhte Erregbarkeit [1,2]. Unter besonderen Umständen wurde gefunden Verschlechterung eines bestehenden Diabetes, Blutgerinnungsstörungen bei antikoagulierten Patienten, Anstieg oder Abfall verschiedener Hormone (Oxytozin + Vasopressin, LH, FSH, Prolaktin, hGH, Östrogen, Progesteron, Kortison, T4 + T3); Melatonin erhöht die Aktivität von P450-Isoinzymen und kann dadurch den Abbau einiger Arzneimittel beschleunigen [2]. Allergien sind möglich, und 1 Fall von Hepatitis nach Melatonin ist berichtete [2]. Die bei einigen Menschen auftretende Winterdepression besonders in den nördlichen Ländern, wird von einigen in Zusammenhang mit höhreren Melatonin-Spiegeln in dieser Jahreszeit gesehen [5]
KONTRAINDIZIERT in der Schwangerschaft und Stillzeit wegen mangelnder Daten [2]; nach Hübner [1] sind weitere Kontraindikationen Autoimmunerkrankungen, Leberinsuffizienz, zerebrovaskuläre und neurologische Erkrankungen, Einnahme von Immunsupressiva, Kortikoiden und MAO-Hemmern [1] ; Natural Standard [2] empfiehlt Melatonin nur unter Vorbehalt einzusetzen bei Patienten mit Krampfanfällen, herabgesetzter Blutgerinnung, antihypertensiver Behandlung, Diabetes, psychiatrischen Erkrankungen und bei Einnahme von Beruhigungsmitteln und Antikoagulantien oder Alkoholabusus [1] und vorsichtshalber nicht bei Lymphomen [3].

PHARMAKOLOGIE: die natürliche Melatoninsekretion steigt mit Einsetzen der Dunkelheit mit maximalen Werten nach Mitternacht (2-4 am) und fällt dann wieder ab; bei oraler Gabe von Melatonin-Kapseln werden maximale Konzentrationen 1-1,5 Std. nach Einnahme erreicht (mit Konzentrationen wesentlich über der natürlichen Melatonin-Serum-Konzentration) [2,4]; die Bioverfügbarkeit wird angegeben mit 76% [4], oder 10-56% nach enteraler Gabe wegen hohem First-Pass-Effekt [2]. Melatonin ist sehr lipophil, passiert gut die Blut-Hirn-Schranke und wird auch transmukös gut aufgenommen. Es wird in der Leber zu dem inaktiven Metabolit 6-Sulphatoxy-Melatonin inaktiviert und als Glucuronid über die Galle ausgeschieden. Die physiologische Serum-HWZ  beträgt 30-60 Minuten [2]. 

BEURTEILUNG: Melatonin erscheint mir ein gutes Ausweichpräparat bei Schlafstörungen, die einer Medikation bedürfen und  nicht durch Homöopathie oder Lebensstil-Änderung behoben werden konnten. Es sollte zuerst mit einer niedrigen Dosis von 0,3-0,6 mg pro Tag begonnen werden.
Es spricht nichts gegen eine Anwendung von Melatonin zur zusätzlichen Krebs-Therapie, besonders bei vorliegenden Schlafstörungen. Auch wenn ein Nutzen nicht gesichert ist, ist doch eine positive Wirkung wahrscheinlich, besonders wenn durch Besserung eines gestörten Nachtschlafs Stresssituationen gemildert werden.
Wieso Frau Dr. Hübner [1] trotz dieser möglichen –wenn auch nicht gesicherten- positiven Wirkung von Melatonin auf Krebs und der bei geringer Dosis (0,3-5g/d) minimalen bis fehlenden Nebenwirkungen die Anwendung von Melatonin bei Krebs ablehnt [1], kann ich nicht nachvollziehen.
In Deutschland ist Melatonin als Arznei nicht zugelassen. Als Nahrungsergänzung kosteten entsprechende Präparate 2011 im Internet kosten 30 Kapseln Melatonin 0,5-3 mg ca. 15-20 €.

LITERATUR
1. Hübner J: Komplementäre Onkologie; Schattauer Verlag 2010
2. Natural Standard: Natural standard Monography Melatonin 2010;
http://naturalstandard.com
3. Pfeifer B., Preiß J., Unger C.:
Onkologie integrativ. Elsevier Urban & Fischer, München 2006
4. POISINDEX® System. Thomson MICROMEDEX, Greenwood Village, Colorado (Edition 2011); Melatonin 
5. Wikipedia: Melatonin Mai 2011; www.wikipedia.de